Kolumbien galt über Jahrzehnte für viele als Sinnbild von Bürgerkrieg und Drogenhandel. Noch immer denken manche bei Kolumbien an Pablo Escobar oder die Serie „Narcos“, doch längst hat sich herumgesprochen, dass dieses Land weitaus mehr zu bieten hat. Jahr für Jahr machen sich immer mehr Menschen ein eigenes Bild von Kolumbien und sind begeistert von seiner ökologischen und kulturellen Vielfalt. Weite Teile des Landes gelten heute als sicher, und die verbliebenen bewaffneten Akteure agieren nur noch in entlegenen Regionen.
Tatsächlich ist Kolumbien in den über 200 Jahren seit seiner Unabhängigkeit von der Spanischen Krone immer wieder von Bürgerkriegen gezeichnet gewesen. Lange Zeit standen sich Konservative und Liberale in erbitterten Kämpfen gegenüber. Als 1948 der aussichtsreiche liberale Präsidentschaftskandidat Jorge Eliécer Gaitán ermordet wurde – insbesondere, weil seine Reformpläne zur Landverteilung den Eliten zu weit gingen – eskalierte die Gewalt. In der Folge bildeten sich erste Guerilla-Gruppen aus der Not des Selbstschutzes. In den 1960er Jahren, inspiriert von der kubanischen Revolution und motiviert durch die ungleiche Verteilung des Landes, formierten sich die langjährig dominierenden bewaffneten Aufstandsbewegungen ELN und FARC-EP.
Als diese linken Guerillas durch wachsenden Zulauf von der Verteidigung in die Offensive übergingen, sahen Großgrundbesitzer ihr Land bedroht und riefen paramilitärische Verbände ins Leben, um die Guerillas zu bekämpfen. Durch das nicht vorhandene Gewaltmonopol des kolumbianischen Staates über sein gesamtes Territorium und den gemeinsamen Gegner Guerilla, kam es zu Berührungspunkten und teils zur Zusammenarbeit zwischen staatlichen Akteuren und den rechtsextremen paramilitärischen Gruppen. In den 1990er Jahren eskalierte der Konflikt auf brutale Weise, und erst Mitte der 2000er Jahre setzte eine Entschärfung ein – allerdings zum Preis enormer ziviler Opferzahlen.
Im Jahr 2016 gelang schließlich, nach jahrelangen Verhandlungen, das weltweit beachtete Friedensabkommen zwischen dem kolumbianischen Staat und der FARC-EP, der ehemals größten Guerilla-Organisation des Landes. Seit diesem historischen Meilenstein wird der Weg der Konfliktaufarbeitung und Versöhnung beschritten, auch wenn er von Rückschlägen begleitet ist und viele der zugrunde liegenden Konfliktursachen noch ungelöst bleiben. 2021 führten wochenlange, landesweite Proteste gegen die Regierung, verstärkt durch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie, zu einem politischen Wendepunkt. Im Folgejahr wählten die Kolumbianer erstmals in ihrer republikanischen Geschichte eine sozialdemokratische Regierung.
Seit 2022 steht Kolumbien unter der Führung von Präsident Gustavo Petro, dessen erklärtes Ziel es ist, die sozio-ökonomischen Ursachen des jahrzehntelangen Konflikts durch umfassende Reformen abzumildern. Mit der verbliebenen Guerilla ELN, sowie Nachfolgeorganisationen der Paramilitärs führt die Regierung Friedensverhandlungen. Petro hat sich vorgenommen, Kolumbien zu einer "Weltmacht des Lebens" zu entwickeln.
Diese Bildungsreise lädt dazu ein, die Frage zu ergründen, wo Kolumbien heute auf seinem langen und steinigen Weg zu Frieden und Versöhnung steht.
Die Inhalte dieser Bildungsreise werden vor allem durch den direkten Austausch mit lokalen Experten der Zivilgesellschaft an verschiedenen Stationen der Reise vermittelt. Dazu zählen Gespräche mit Wissenschaftlern, Vertretern von Organisationen, Unterzeichnern des Friedensabkommens, Konfliktopfern, Indigenen und weiteren Akteuren. Informationen aus erster Hand und authentische Begegnungen stehen dabei im Mittelpunkt. Diese Reise trägt durch die finanzielle Unterstützung von Projekten für Konfliktopfer und Unterzeichner des Friedensabkommens aktiv zur Wiedergutmachung und Friedenssicherung bei.
Während der Reise erhalten wir vielfältige Einblicke in die unterschiedlichen Perspektiven auf den kolumbianischen Konflikt und den laufenden Friedensprozess. Gleichzeitig erleben wir die unterschiedlichen Lebensrealitäten in der Stadt und auf dem Land und tauchen ein in die beeindruckende Biodiversität und kulturelle Vielfalt Kolumbiens.
Zum Programm gehören auch zwei bis drei mehrstündige Wanderungen unter tropischen Bedingungen, die eine gewisse sportliche Fitness erfordern. Für diejenigen, die sich diese Wanderungen nicht zutrauen, stehen alternative Aktivitäten zur Verfügung. Festes Schuhwerk sowie regenfeste Outdoor-Bekleidung sollten in jedem Fall zur Grundausstattung gehören. Zudem empfehlen wir, einen Tagesrucksack für persönliche Dinge mitzubringen, die während der verschiedenen Aktivitäten benötigt werden.
Stationen der Reise und Aktivitäten
Bogotá: Unsere Reise beginnt in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá mit einem politischen Stadtrundgang und einer Einführung in den internen Konflikt des Landes. Wir besuchen das Erinnerungszentrum, wo wir nach einer Führung mehr über die Arbeit der Suchkommission für verschwundene Personen erfahren. Mit der Seilbahn fahren wir hinauf zum Monserrate, von wo aus wir einen beeindruckenden Blick über die Stadt genießen und mehr über ihre historische Entwicklung im Kontext des Konflikts erfahren. Ein besonderer Besuch führt uns zur Casa de la Paz, einem Haus, das Projekte von Konfliktopfern und Unterzeichnern des Friedensabkommens unter einem Dach vereint.
Neiva: Nahe der Stadt Neiva besuchen wir eine traditionelle Kaffee-Finca, auf der wir den gesamten Produktionsprozess des Kaffees kennenlernen. Im Gespräch mit dem Kaffeebauern erfahren wir mehr über seine Kooperative und die tiefgreifende Landproblematik in Kolumbien, die eine zentrale Ursache des Konfliktes ist. Ein weiteres Highlight ist der Ausflug in die atemberaubende Tatacoa-Wüste, die mit ihrer bizarren Landschaft verzaubert. Abends bietet sich die Gelegenheit, in einer Sternwarte den Himmel über dieser faszinierenden Kleinwüste zu bestaunen.
San Vicente del Caguán: Ab Florencia geht es für drei Tage in die Region Caguán, wo wir uns zusammen mit Unterzeichnern des Friedensabkommens ein Bild vom aktuellen Stand des Friedensprozesses machen. Wir besuchen Projekte, die die Wiedereingliederung ehemaliger Guerilleros in das zivile Leben fördern, und hören aus erster Hand ihre bewegenden Geschichten. Anhand ihrer Biografien wird nachvollziehbar, warum sie sich einst einer bewaffneten Bewegung anschlossen, wie der Konflikt ihr Leben prägte und was die Rückkehr in ein ziviles Leben für sie bedeutet. Eine Outdoor-Aktivität gibt uns zudem Einblicke in ihre Erfahrungen mit der Dschungel-Flora und -Fauna, die sie uns im Detail nahebringen. In diesem Abschnitt der Reise müssen wir uns auf einfachere Bedingungen einstellen, da die Infrastruktur in dieser ländlichen Region weniger entwickelt ist.
San Agustín: In San Agustín tauchen wir tief in die präkolumbische Kultur ein und setzen uns mit den Zusammenhängen von Kolonialismus und internem Konflikt auseinander. Ein Höhepunkt ist der Besuch des berühmten archäologischen Parks mit seinen mystischen Skulpturen, der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Darüber hinaus erhalten wir Einblicke in die traditionelle Zuckerrohrverarbeitung und bekommen erörtert, wie die koloniale Landentwicklung bis heute die Ernährungssouveränität beeinflusst. In der Nähe tauschen wir uns mit Vertretern einer Bürgerinitiative aus, die sich gegen den Extraktivismus und die Landnahme durch internationale Konzerne engagiert.
Mocoa: Die am Rande des Amazonas gelegene Stadt Mocoa dient uns als Ausgangspunkt für Exkursionen in die Umgebung. Neben dem Besuch eines Nachhaltigkeitsprojektes von Indigenen werden wir von lokalen Opfern den Stand der Wiedergutmachung und Versöhnung aus ihrer Perspektive kennenlernen. Im mit weiteren Experten beleuchten wir den Stand des Friedensprozesses, die aktuelle Konfliktsituation mit verbliebenen Gewaltakteuren und mögliche Alternativen zur Substitution des illegalen Koka-Anbaus. Als Naturerlebnis-Highlight erwartet uns bei Mocoa eine Wanderung zum spektakulären Wasserfall Fin del Mundo.
Elias Korte (Journalist und Agenturinhaber Buen Vivir Kolumbienreisen)
Tobias Runge (Reisebegleitung AuL)
• 14 Übernachtungen im Doppelzimmer inklusive Frühstück
• 5 Abendessen und 5 Mittagessen
• Inlandsflug
• Transport im klimatisierten Bus
• Programmkosten (Führungen, Vorträge, Eintritte, Übersetzung)
Bitte beachten Sie dringend, dass diese Studienreise in Kolumbien startet, die An- und Abreise erfolgt individuell. Wir möchten Ihnen mit dieser Veränderung gerade bei Flugreisen aus ökologi-schen Gründen einen längeren Aufenthalt ermöglichen.
Wir helfen Ihnen gerne bei der Buchung des Fluges. Wir teilen Ihnen frühzeitig mit, wenn wir wis-sen, dass die Reise ausreichend Anmeldungen hat.
Weitere Infolmationen, auch über den Reiseverlauf finden Sie auf unserem Flyer Kolumbien
Anmeldungen können zuerst bei der Vorstellung der Studienreisen am 30.11.24 ab 14 Uhr im FORUM der Robertstraße 5a abgegeben werden. Abends werden dann auch die bis dahin eingegangen Anmeldungen berücksichtigt.
Anmeldeformular
Kolumbien im Wandel – von Pablo Escobar und Bürgerkrieg zur Weltmacht des Lebens?
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