Ich bin Ekatarina, aber alle meine Freunde nennen mich Katya. Ich wuchs mit meiner Zwillingsschwester Liza in Ekaterinburg in Russland auf, einer Stadt, die circa 40 km vor der asiatischen Grenze liegt. Die Liebe zur Musik teilte ich mit meiner Schwester schon sehr früh. Ich liebte es, Mandoline zu spielen, sodass ich mich für ein Stipendium bewarb. Allerdings war das Glück leider nicht auf meiner Seite. Meine Schwester, die sich ebenfalls beworben hatte, reiste 2008 alleine nach Deutschland und konnte ihr Wunschstudium anfangen.
Doch zwei Jahre später wagte ich mein Heimatland Russland ohne Stipendium zu verlassen und nahm an der Eignungsprüfung im Juni 2010 teil, um ebenfalls den Master of Music in Mandoline zu beginnen.
Auch wenn es ein großes Wagnis war, ohne die finanzielle Unterstützung eines Stipendiums nach Deutschland zu kommen, hoffte ich auf die Vorerfahrungen meiner Schwester, die es mir bestimmt leichter macht, in Wuppertal nach erfolgreichen Eignungsfeststellung Anschluss zu finden. Diesmal klappte es auf Anhieb und ich zog zu meiner Schwester, da ihr alter Mitbewohner auszog.
In den sechs Jahren, in denen ich hier in Deutschland lebe und Musik studiere, wohnte ich in sechs verschiedenen Wohnungen und lernte so verschiedene Gegenden in Wuppertal kennen. Im fliegenden Wechsel zog ich von der gemeinsamen Wohnung mit Liza aus und ihr Partner Tómas zog für mich ein. Nach der Wohnung in Barmen führte mich der Weg in die Nähe des Robert-Daum-Platzes, wo ich mit meinem damaligen Freund vier Jahre wohnte und auch schnell im Luisenviertel war, wo sich gerne junge Menschen treffe, um den Abend in Wuppertal zu verbringen. Aktuell teile ich mir eine neu renovierte Altbauwohnung mit meiner Kommilitonin und wohne nur wenige Meter von meiner Zwillingsschwester entfernt, oberhalb des Luisenviertels.
2012 beendete ich mein Studium Master of Music in Mandoline und machte ein Jahr Pause. Wenig später fing ich ein weiteres Studium im Bereich Musikpädagogik an, um meine Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu erhöhen. Hinsichtlich der pädagogischen Ausbildung erhoffe ich mir, eine Balance zwischen dem Musizieren und Unterrichten finden zu können, da es zum Beispiel in Russland einen solchen Abschluss nicht gibt.
Ein- bis zweimal wöchentlich pendele ich zwischen Wuppertal und Hannover, weil ich dort eine feste Stelle an einer Musikschule besitze. Die Musikschule kooperiert mit einer Grundschule, sodass ich dort Schüler in Gitarre und Mandoline unterrichte. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und bin sehr motiviert, bald mehr Stunden geben zu können, da ich gerne mit Kindern zusammenarbeite. Sie stecken so voller positiver Energie. Zugleich versuche ich, mein Studium an der Wuppertaler Hochschule weiterzuführen. Mit dem Trio „Sixty1String“(Harfe, Gitarre und Mandoline), bestehend aus einem roten, blonden und schwarzen Schopf, bin ich schon viel unterwegs und gebe Konzerte.
Am besten gefallen mir eine bunte Vielfalt aus Unterrichten und das eigentliche Ausüben meiner Leidenschaft gleichermaßen – das Musizieren in Form von Konzerten. Darüber hinaus ist es mein Wunsch, in Deutschland bleiben zu können und meinen Traum, Musikerin zu sein, weiter realisieren zu können. Trotz der immer wieder aufkommenden Problematik, ein neues Visum zu beantragen, bleibe ich ruhig und gelassen und schaue meiner Zukunft optimistisch entgegen.
In diesem Sinne beende ich meine Geschichte mit einem schönen Aphorismus, der von einer bekannten sowjetischen Schauspielerin Faina Ranewskaja verfasst wurde und zum Denken anregen soll: „Даже под самым красивым хвостом павлина, всегда скрывается обыкновенная куриная жопа. Так что меньше пафоса, господа!“. Er bedeutet in Deutsch übersetzt: „Hinter dem prachtvollsten Pfauenschwanz verbirgt sich auch nur ein gewöhnlicher Hühnerhintern. Also weniger Pathos, meine Damen und Herren!“
Autorin: Marleen Weißbach