Jadwiga
Das bin ICH
„Trust“, steht in großen Buchstaben auf dem silbernen Armreif, den Jadwiga Zurad nicht mehr ablegen will: Vertrauen. Die Fähigkeit, Dinge so anzunehmen, wie sie sein. Ein Urvertrauen im Leben. Das ist für sie zu ihrem Lebensmotto geworden. „Wenn mich das Leben irgendwo ruft, dann folge ich meinem Instinkt, egal wie unmöglich oder verrückt die Idee erst einmal scheint. Das Leben wird schon einen Weg finden“, sagt sie. Vertrauen, das ist für sie die Kraft, die sie antreibt, immer neue Welten zu entdecken und das Leben als eine große Reise zu begreifen. Ihr Leben. Sie hat ein Gedicht daraus gemacht:
This world – this is my home,
my God, my playground and my atelier,
my presence, my past and this is my future.
Die ganze Welt als seine Heimat verstehen: diese Lebensperspektive ist nicht unbedingt naheliegend, wenn man wie Jadwiga aus einer polnischen Kleinstadt stammt. Hier in den nördlichen Waldkarpaten unweit der ukrainischen Grenze scheint der Plan von einem guten und glücklichen Leben deutlich eng umrissener vorgezeichnet zu sein: Ein solider Job, eine gesunde Familie, ein kleines Häuschen.
Jadwiga merkt früh, dass ihre Lebensvision anders aussieht, als die ihrer Eltern und ihrer drei älteren Brüder. Sie ist fünf Jahre alt, als sie anfängt, das Malen als ihre große Leidenschaft zu entdecken. Mit Zwölf beginnt sie sich auch für Psychologie und Spiritualität zu interessieren. Sie fängt an Gedichte und Geschichten zu schreiben und sich in ganz andere Welten hineinzuträumen. Phantastische Welten. Während ihre Malpalette ein unverzichtbarer Begleiter bleibt, unternimmt sie lange Streifzüge durch die Natur und fängt an, ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge zu entwickeln. Eine schlechte Schülerin ist Jadwiga dabei nie. Als Klassenbeste schließt sie ihre Schule ab.
Künstlerin zu werden, das ist nach der Schule ein schöner Traum. Doch passt ein Psychologie- oder Kunststudium wirklich zu der klar definierten Welt, die sie in ihrer Jugend kennengelernt hat? Wäre solch ein Studium nicht Verschwendung ihrer guten Noten? Und darüber hinaus: Ein unkalkulierbares finanzielles Risiko? Jadwiga sucht nach einer Möglichkeit, ihre Liebe für die Natur und ihre Faszination für die Menschen mit den Möglichkeiten einer planbaren beruflichen Karriere zu verbinden. Und wird fündig: An der Technischen Universität Krakau beginnt sie ein Studium der Umweltwissenschaften. „Ich möchte Lösungen entwickeln um die Verbindung zwischen Mensch und Umwelt zu verbessern“, sagt sie. „Wir müssen den Menschen ermöglichen, die Schönheit in der Welt zu feiern, aber diese Schönheit der Natur gleichzeitig zu schonen.“ Als Ingenieurin, das ist der Plan, wird sie sich in der Zukunft auf die Ausgestaltung eines nachhaltigen Ressourcenmanagements konzentrieren.
Auch wenn das Studium eher eine Pflichtübung als eine Kür ist, steckt Jadwiga alle Energie in ihre Kurse. Das Malen gibt sie auf. Was sie macht, das will sie auch vernünftig machen. Dabei erschließt sich ihr in Krakau eine ganz neue Umgebung. Über 200.000 Studenten gibt es hier. Die Stadt gilt als kulturelle Hauptstadt Polens. Die Musik- und Kulturszene ist beeindruckend. Jadwiga spürt, dass die Welt viel größer und bunter ist, als sie das in ihrer Heimatstadt je gedacht hätte.
This is my opportunity
to experience Life,
my calling
to get to know my heart.
Die Sehnsucht, neue Welten zu entdecken ist jetzt erst so richtig geweckt. Jadwiga möchte andere Länder kennenlernen und ihre Sprachkenntnisse verbessern. Mit 19 Jahren kratzt sie ihre Ersparnisse zusammen und investiert ihr Geld in ein Busticket nach England. Dort will sie einen Job finden der ihr später einen Englisch-Sprachkurs finanzieren soll. Ihre erste große Auslandsreise ist ein Abenteuer. 33 Stunden Fahrt sind es insgesamt von Krakau über London nach Oxford. Auf der Kanalfähre zwischen Calais und Dover gibt es einen Brand. Doch irgendwann leuchten tatsächlich die weißen Felsen der englischen Südküste vor dem Bug des Schiffs auf. Für Jadwiga ist es, als würde sie einen neuen Kontinent betreten.
Ihre Englischkenntnisse sind zu diesem Zeitpunkt eher schlecht. Grammatik und ein großer Wortschatz sind ihr zwar aus der Schule vertraut. Gesprochen hat sie die Sprache aber bisher kaum. Als sie durch Oxford läuft und auf der Suche nach einem Job ist, ist sie erst einmal verunsichert. Doch in einem Restaurant kommt sie mit einem der Manager ins Gespräch. Sie darf als Aushilfe anfangen, bei ihm zu arbeiten. Es ist ein Schlüsselerlebnis: Jadwiga wird ein Teil eines internationalen Teams, sie merkt, dass sie stark darin ist, neue Kontakte zu knüpfen, die ihr wieder neue Türe öffnen: Ihre Neugierde auf die Welt wird immer wieder aufs Neue erwidert. .
And so I dare
to stand up for my true self,
to be, to explore and to travel,
to play and to dance with Life.
Der Sommer in England ist der Auftakt eines Lebens, in dem das Unterwegssein und der Austausch mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, einen zentralen Stellenwert einnimmt. In den nächsten Jahren wird Jadwiga immer längere und aufregendere Reisen in Angriff nehmen: Sie fährt nach Ägypten, wo sie nicht nur die Pyramiden sieht, sondern auch mit ihren muslimischen Freunden eine Reise entlang des Nils macht um sich über den unterschiedlichen Weltanschauungen zwischen Orient und Okzident auszutauschen. Sie reist nach Südamerika und unterstützt dort christliche Missionare in einem sozialen Projekt. Auf einer einsamen Insel vor der irischen Küste nimmt sie an einem von zahlreichen Meditationsseminaren teil. Stipendien ermöglichen ihr darüber hinaus weitere Auslandsaufenthalte. Schon nach dem zweiten Jahr ihres Studiums fängt sie an, in internationalen Projekten für eine nachhaltigere Lebens- und Wirtschaftsweise zu arbeiten, und hilft mit, zahlreiche Initiativen für Nachhaltiges Wirtschaften zu initiieren.
Ihr Engagement für Nachhaltigkeit und die Neugierde auf die Welt ist es auch, die Jadwiga irgendwann nach Deutschland führt. Als sie ihr Studium in Krakau beendet hat (auch hier ist sie Jahrgangsbeste), ist der naheliegende Schritt, an der heimischen Uni zu bleiben und dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin ihren Doktor zu machen. Doch Jadwigas Hunger auf die Welt hinter dem Horizont ist noch lange nicht gestillt. Als sie 2008 einen renommierten Preis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt bekommt, fährt sie Anfang 2009 nach Deutschland um im ZNU-Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten-Herdecke ihr eigenes Projekt für Nachhaltigeres Wirtschaften zu realisieren.
Es ist ein provisorischer Aufbruch. Gerade einmal einen Koffer und ein Rucksack nimmt Jadwiga mit, als sie in Warschau in den Zug Richtung Westen steigt. Deutschland hatte sie in bisher nie auf ihrem Plan gehabt. Unvermutet findet sie nun, im Alter von 24 Jahren, hier ihre Wahlheimat. In ihrem Projekt kooperiert sie unter Anderen mit dem UNEP Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) in Wuppertal. Wuppertal: Zu diesem Zeitpunkt ahnt sich noch nicht, dass sie dieser Stadt führ die nächsten sieben Jahre ihres Lebens verbunden bleibt wird.
Doch es kommt tatsächlich so: Hier im Bergischen Land ist sie von der Diversität der Stadt und des CSCP beeindruckt. Es ist ein bisschen so, als wäre die internationale Welt, die sie so schätzen gelernt hat, zu ihr nach Hause gekommen. Das Team am CSCP besteht aus den unterschiedlichsten Nationalitäten. Immer wieder lernt sie spannende Menschen kennen, die sie zu neuen Ideen inspirieren. Gleichzeitig merkt sie, dass sie eine besondere Fähigkeit darin hat, mit Menschen in Verbindung zu treten. Immer häufiger wird sie in ihren Projekten deshalb als Coach und Trainerin eingesetzt. Sie organisiert zahlreiche internationale Trainings für Nachhaltige Unternehmensführung und führt diese dann auch der ganzen Welt durch.
Es ist eine Aufgabe, die sie immer wieder auch mit menschlichen Schicksalen konfrontiert: Gerade in der Wirtschaftswelt ist vieles nicht so, wie es scheint. Jadwiga begegnet vielen erfolgreichen Menschen, die doch im Inneren ihres Herzens unglücklich sind. Für Jadwiga ist diese Arbeit auch eine Selbsterfahrung. „Nichts ist wichtiger als mit sich selbst im Reinen zu sein, und seiner inneren Berufung treu zu bleiben“, sagt sie sich.
Durch eine intensive Freundschaft bleibt sie viel länger in Wuppertal als sie ursprünglich gedacht hatte und entdeckt ihre alte Leidenschaft die Malerei neu. Es ist als würde jetzt alle zu einem Ganzen verfließen: die Natur, die Menschen, die Wissenschaft, die Malerei. „Wie man sein eigenes Leben bewusst gestaltet und lebt, das ist eine große Kunst“, sagt sie. Sie entscheidet sich die Arbeit mit den Menschen zu intensivieren und beginnt eine Coaching Ausbildung. Als Coach und Künstlerin möchte sie andere Menschen dazu inspirieren, ihren Plan von einem erfühlten Leben voranzubringen.
Kurz nach ihrem 30. Geburtstag feiert Jadwiga die Vernissage ihrer ersten großen Kunstausstellung „Life Flames”. In Wuppertal. Farbenstarke Bilder stellt sie aus. Große satte Collagen, die sich als wilder Tanz des Schlüsselelementen des Lebens präsentieren: Feuer, Wasser, Erde und Luft verbinden sich in einem provozierenden Spiel mit der Lebensenergie des eigenen Bluts und mit der Kraft der Sonne.
Alles scheint perfekt zu sein. Doch ein schwerer Schicksalsschlag trifft sie unvermittelt. Ihr Freund stirbt unerwartet. Plötzlich steht die Welt still. Sinn und Sinnlosigkeit im Leben bekommen eine neue Bedeutung. Doch gerade jetzt spürt Jadwiga, wie zart das Leben ist und wie wichtig es ist, seiner wahren Berufung zu vertrauen, und die Träume nie aufs Morgen zu verlegen. „Es kommt für jeden der Tag, an dem es kein Morgen mehr geben wird” sagt sie sich. Sie möchte die Kraft, die sie aus ihren Bildern bezieht, jetzt noch unmittelbarer an andere Menschen weitergeben. Als Life Coach, macht sie sich selbständig. Ihr Ziel ist es, andere dabei zu unterstützen, erfüllt zu leben und ihre Träume zu verwirklichen. So schwierig es auch manchmal sein mag: Jadwiga möchte ihr Vertrauen im Leben nicht verlieren:
I let Life guide me and open me up
so that my true colours may decorate
the canvases of the universe.
Die Reise von Jadwiga ist noch lange nicht vorbei. Doch bald würde sie gerne für einen ganz besonderen Anlass zurück in ihre Heimatstadt in die Waldkarpaten reisen. Ihr Traum ist es, dort ein großes internationales multikulturelles Fest zu organisieren, bei dem sie die vielen tollen Menschen, die ihr im Lauf ihres Lebens begegnet zusammenbringen will. Es soll eine Feier der Vielfalt und Diversität sein, die im Zeichen von Frieden, Liebe und einem Verständnis für die Herausforderungen der Zeit steht. Jadwiga Zurad möchte dann etwas von dem Vertrauen, das sie in ihrem Leben erfahren hat, zurückgeben.
Text: David Fleschen
bei Anfragen:
Jadwiga Zurad, Life Flames Coaching
j.life.flames
www.lifeflamescoaching.com
www.facebook.com/lifeflames