26.02.2017
Tatsächlich, es gibt sie, die Position, man müsse die AfD zu öffentlichen Diskussionen einladen und mit ihr reden. Das ist ein durchaus nachvollziehbarer, auch respektabler Anspruch an eine funktionierende repräsentative Demokratie. Die regelmäßig dabei ins Feld geführten Hauptargumente: das müsse eine Demokratie nun mal aushalten, die Kontroverse sei schließlich ihr Grundprinzip, ignorieren könne man vor allem nicht die potenziellen Wähler*innen dieser Partei. Damit sei wenig bis nichts gewonnen. Dialog stehe über Ignoranz. Zugegeben, der Gedanke lag auch einer kritischen politischen Bildung bisher nicht fern. Heute (nachdem die Debattenunkultur der AfD-Protagonisten xmal medial vorgeführt worden ist) sieht das anders aus.
Es sind zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe, ob wir durch Informations- und/oder Bildungsveranstaltungen, zu denen auch Diskussionsrunden gehören können, themenorientiert mit den potenziellen Wähler*innen sprechen, um sie mit Argumenten vor der AfD zu bewahren, indem wir sie mit analytischen Fakten überzeugen und Lösungswege für die drängendsten gesellschaftlichen und politischen Probleme aufzeigen bzw. berechtigte Kritik dort platzieren, wo sie politisch hingehört (selbstverständlich immer dem Beutelsbacher Konsens folgend). Oder ob wir überzeugten Parteifunktionären und -strategen ein Podium und damit Redezeit anbieten, um ihre kruden Thesen zu verbreiten und damit den Anschein von Normalität zu erwecken. Desweiteren erkennt man in den bisherigen Versuchen der Dekonstruktion durch Einbeziehung, dass die Protagonisten den eigenen Themen und Provokationen in der Diskussion ausweichen.
Doch diese Partei mit ihren gerade 25.000 Mitgliedern ist nicht "normal". Eine Partei, die man als protofaschistisch bezeichnen kann, die die Nähe zu neonazistisch völkischem Denken und Strukturen nur unzureichend kaschieren kann und will, eine solche Partei steht historisch betrachtet in der Tradition der Wegbereiter des Faschismus in diesem Lande. Der AfD geht es im Verbund mit der "neuen Rechten" um die Etablierung "kultureller Hegemonie" und schließlich um die erfolgreiche gesellschaftliche und politische Umwälzung der Verhältnisse. Im Zentrum ihrer kalkulierten Provokationen steht der gezielte Tabubruch, an den das Publikum sich gewöhnt, zur Normalität aufwertet und so in die Gesellschaft hinein wirken lässt. Dafür benötigt die AfD Öffentlichkeit.
Die AfD integriert "Konservative" und "Rechtsextreme", eine Konstellation, die dem historischen Faschismus einst den Boden bereitet hat (Protofaschismus). Die Gefahr der Wiederholung ist gegeben. Wer das leugnet oder nicht versteht, hat aus der Geschichte nichts gelernt. Ein klares und akzeptiertes Ziel kritischer politischer Bildung ist es aber, dass die Nach-Folgegenerationen des Nationalsozialismus in der ausdrücklichen Verantwortung stehen, einen umfassenden Beitrag dazu zu leisten, dass sich Faschismus niemals wiederholt.
Deshalb ist unsere Entscheidung klar: Die AfD bekommt keinen Raum für öffentliche Auftritte, bei denen sie ihre zielgerichteten und provozierenden Statements äußern kann. Es gilt, diese Partei und ihren völkischen Unsinn zu analysieren und aufzuzeigen, nicht aber mit ihr darüber zu diskutieren. Das ist erstens die falsche Zielgruppe, zweitens Zeitverschwendung und drittens gefährlich.
Jan Sudhoff & Detlef Vonde
(Geschäftsführer Arbeit und Leben DGB/VHS Berg-Mark & Historiker)